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[Geschichten aus Band 3 „Mikas Tage haben es in sich“:]
"Ein Tag mit Mika, Malte und Nils"
Ein Tag mit Mika, Malte und Nils
In den letzten Wochen vor den Sommerferien hat sich Mika immer mal wieder mit Nils aus seiner Klasse getroffen. So ist eine richtige Freundschaft der beiden Jungs entstanden. Nils wohnt in dem kleinen Dorf Saarau, das ungefähr drei Kilometer von Sonnfeld entfernt an der Jeetzel liegt. Mit dem Fahrrad ist das keine Entfernung: So sehen sich Mika und Nils jetzt auch hin und wieder nachmittags.
Nils ist ein meistens fröhlicher Junge, der sehr an der Natur interessiert ist. Er kennt sich hervorragend aus und kann sehr gut beobachten. Außerdem grübelt er viel über die Zusammenhänge in der Natur und findet dabei oft tolle Sachen heraus. Diese teilt er dann auch immer gerne seinen Mitschülern meistens im Sachunterricht mit. Außerdem ist Nils sehr einfühlsam und hilfsbereit. Er mag es nicht, wenn andere traurig sind.
Die intensivere Freundschaft zu Mika ist bei einem Ausflug der Klasse in den Wald der Trolle entstanden. Hier haben Mika und Nils gemerkt, dass sie viele ähnliche Ideen haben. Deswegen verabreden sie sich jetzt ziemlich regelmäßig nach der Schule. Bei Mika geht das nicht so oft, weil er ja zweimal in der Woche zum Fußball-Training muss. Wenn Nils Mika besucht, spielen sie häufig auch zu dritt. Malte ist dann mit dabei. Sie verstehen sich gut miteinander.
Ein paar Tage vor der Zeugnisausgabe hat Mika eine Idee: „Wir können doch einmal einen ganzen Tag durch die Wälder Sonnfelds stromern. Vielleicht können wir Tiere beobachten, sehen Trolle … Mal schauen, was so geht!“ Nils und Malte finden diese Idee cool. „Lass uns in der nächsten Pause mal einen Plan machen!“, schlägt Nils vor.
Doch schon während des Unterrichts bei Frau Warmbold, denken alle drei über diese Idee nach. ‚Was könnten wir alles machen?’, ist die brennende Frage. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass in der Pause die Ideen nur so aus ihnen heraussprudeln: in den Trollwald, Vögel beobachten, Fuchsbauten untersuchen, Wildkatzenverstecke aufspüren, auf Bäume klettern, ’ne Höhle bauen, ’ne Flöte schnitzen …! „Lasst uns nicht alles jetzt schon festlegen“, schlägt Malte vor, „wir sollten uns an dem Tag die besten Sachen raussuchen!“ – „Wir müssen ja aber auf alles vorbereitet sein!“, sagt Mika. „Was denn? Wir nehmen einfach Ferngläser, Messer, Band und was sonst noch so wichtig ist mit! Dann kann auch nichts schiefgehen!“, erklärt Malte. „Das Wetter ist gerade super! Lasst uns das doch gleich nächste Woche machen!“, möchte Nils gerne. Mika und Malte sind einverstanden. Sie verabreden sich für Dienstag in der nächsten Woche. Starten wollen sie morgens ganz früh, schon um sechs Uhr. „Schaffst du das, Nils?“, möchte Mika wissen. „Klar, schaff’ ich das! Ich komme mit dem Rad zu euch.“
Am nächsten Schultag, es ist der vorletzte in diesem Schuljahr, verspricht Mika seinen beiden Freunden eine Überraschung. Natürlich möchten Nils und Malte schon jetzt gerne wissen, was das denn für eine Überraschung sei, aber Mika schweigt. „Das erfahrt ihr am Dienstag! Es soll ja eine Überraschung sein. Ich sage nur soviel: Es wird euch gefallen!“ (Mika konnte seinen Opa Gerhard nämlich überreden, dass die drei am Dienstag in seinem alten Obstgarten in der Klötze eine Suppe zubereiten dürfen. [‚Klötze’ nennt man das Gebiet zwischen der Wolfsschlucht und dem Sportplatz.] Hier gibt es einige Streuobstwiesen und ein paar Kleingärten. Auf Opas Grundstück stehen nur Obstbäume, Birnen und Äpfel, und ein paar Johannisbeerbüsche. Dann gibt es hinten in einer Ecke noch einen ganz kleinen Schuppen, in dem steht eine zusammenklappbare Leiter. Auch eine Sense und eine Sichel bewahrt Mikas Opa dort auf. Schließlich muss einmal im Jahr das hohe Gras gemäht werden. Das schönste an diesem Grundstück für Mika aber ist die Feuerstelle. Opa Gerhard hat dort eine kleine kreisrunde Fläche mit Pflastersteinen ausgelegt. In der Mitte dieses Kreises ist ein etwa einen halben Meter tiefes Erdloch. Hier kann man Holz hinein tun zum Feuermachen. In dem kleinen Schuppen steht noch ein Dreibein. Daran kann man einen Grillrost oder auch einen Topf hängen. Malte und Nils bleiben zwar neugierig, aber dann besprechen sie noch genau, was sie alles mitnehmen wollen.
Natürlich löchern Nils und Malte Mika auch noch am letzten Schultag. Sie wollen unbedingt wissen, was das für eine Überraschung ist. Zum Glück für Mika dauert diese ständige Nachfragerei der beiden nicht sehr lange, denn an diesem Tag stehen natürlich die Zeugnisse im Mittelpunkt. Lehrer Weiß erklärt jedem Kind noch einmal in Kürze das Zeugnis, wenn es dieses wünscht. Eine ausführliche Besprechung gab es schon in den vergangenen Tagen.
Mika ist mit seinem Zeugnis sehr zufrieden. Auf zwei Seiten haben seine Lehrer genau beschrieben, was Mika alles schon kann. Das hört sich sehr gut an. Das kommende Schuljahr wird sein drittes und vorletztes an der Grundschule Sonnfeld sein. Zufrieden verabschiedet er sich von den anderen und von seinem Klassenlehrer. Wie fast immer geht er mit Merle, Jojo, Silan und Malte nach Hause. Auch die anderen sind sehr zufrieden mit ihren ‚Giftblättern’, wie man früher zu Zeugnissen sagte.
Auch im Hause Tank wird Mikas Zeugnis sehr gelobt. „Es ist schön zu lesen, was du alles kannst, mein Sohn!“, freut sich Mikas Vater Michael. Auch seine Mutter strahlt. „Dann war das ja genau richtig, was ich dir erlaubt habe, Mika!“, sagt Opa Gerhard mit einem Zwinkern.
Die nächsten Tage verbringt Mika oft im Freibad. Das Wetter ist super. Er möchte nämlich unbedingt in diesem Sommer noch richtig schwimmen lernen. Ein paar Meter gelingt es ihm schon ganz gut. Das Wochenende ohne Fußball ist langweilig, findet Mika. Aber auch ohne Fußball geht es einmal vorüber.
Am Montag schnappt sich Mika seinen Rucksack und packt einen alten aber noch brauchbaren Kochtopf hinein. Auch drei ältere Teller und Löffel, sowie eine Kelle und einen Holzlöffel stopft er hinein. Aus der Speisekammer nimmt er sich eine Packung Suppennudeln, zwei Beutel Tütensuppe („mit Fleischklößchen“) und einen Beutel Reis. Schnell noch eine Packung Streichhölzer und dann geht’s ab mit dem Fahrrad zum Klötze-Garten von Opa. Unterwegs fällt Mika ein, dass er den Schuppenschlüssel vergessen hat. ‚Mist’, denkt er und hofft, die Tür doch irgendwie auf zu bekommen.
Fröhlich vor sich hin flötend kommt er beim Garten an. In den Nachbargärten herrscht reges Treiben. Die meisten dieser Gärten gehören älteren Leuten, die nicht mehr berufstätig sind. So auch Frau Winkelmann, ihr Garten grenzt direkt an den von Mikas Opa. Kein Zaun ist dazwischen. Wozu auch? Die Besitzer verstehen und vertrauen sich hier. „Na Mika, willst du für morgen alles vorbereiten?“, wird Mika von Frau Winkelmann begrüßt. „Ja, wieso, äh?“, stottert Mika verwundert, „woher wissen Sie? - Guten Tag, Frau Winkelmann!“, schiebt er schnell noch hinterher. „Dein Opa hat mich informiert und gefragt, ob ich morgen auch hier im Garten sein werde. Ich soll ein bisschen auf euch aufpassen. Immerhin wollt ihr ja ein Feuerchen machen!“ – „Ach so, ja! Aber Sie müssen nicht aufpassen. Wir sind doch schon groß und außerdem werden wir sehr vorsichtig sein und einen Eimer mit Wasser in die Nähe der Feuerstelle stellen! Versprochen!“, erklärt Mika. „Ich komme nicht nur euretwegen. Ich bin doch bei so schönem Wetter fast immer hier, Mika! Und vielleicht bekomme ich ja von euch ’ne Kleinigkeit ab? Ich könnte euch ja beim Essen eine kleine Geschichte aus meiner Kindheit erzählen, wenn ihr wollt. Ich hab’ da auch schon ’ne Idee.“ – „Oh ja, das wäre toll! Es gibt aber nur Tütensuppe! Und dann fehlt ja auch noch ein Teller!“, freut sich Mika auf Frau Winkelmanns Geschichte. Sie hat schon häufiger welche erzählt. Zu gerne möchte er schon jetzt wissen, wovon die Geschichte handeln wird, die Frau Winkelmann erzählen möchte: „Was passiert denn in Ihrer Geschichte? Oder wissen Sie noch nicht, was Sie uns erzählen wollen?“, fragt er neugierig nach. „Doch, doch, das weiß ich schon, was ich euch berichten werde. Es wird auch um Feuer gehen. Mehr verrate ich dir heute aber noch nicht!“, antwortet die alte Frau, „Und Teller und Löffel bringe ich mir mit!“ – „Oh, schade!“, seufzt Mika. Jetzt kann er seine beiden Freunde noch besser verstehen, denn auch er hätte schon jetzt zu gerne mehr von Frau Winkelmann erfahren.
Mika macht sich jetzt daran, den kleinen Schuppen zu öffnen. Es gelingt ihm nicht. Er sucht überall nach dem Schlüssel, in jede Ritze schaut er hinein. „Suchst du etwa euren Schlüssel, Mika?“, ruft Frau Winkelmann von nebenan. Sie hat bemerkt, dass Mika die Schuppentür nicht geöffnet bekam. „Ja, wissen Sie vielleicht, wo der ist, Frau Winkelmann?“ – „Ja, klar, der hängt doch immer in dem kleinen Astloch im Birnenbaum!“ – „Ja, danke! Hier ist er!“, triumphierend präsentiert Mika den gesuchten Schlüssel. Dann entlädt er seinen Rucksack und verschließt den Schuppen wieder. Natürlich hängt er auch den Schlüssel zurück in das Astloch. Zu Frau Winkelmann gewandt, ruft er: „Ich komme gleich wieder! Ich will eben schnell in die Klötze, nur noch etwas Feuerholz zusammensammeln. Bis gleich!“ Schon düst er auf seinem Fahrrad davon in Richtung Wald.
Nach einer knappen halben Stunde ist Mika wieder da. Sein Rucksack ist voll mit Feuerholz. Überwiegend hat er heruntergefallene Äste und Zweige eingesammelt. Sie sind schön trocken, dann brennen sie gut. ‚Jetzt brauche ich nur noch ein paar Stücke vom dicken Holz’, denkt er. Er schaut hinter dem Schuppen nach. Oft hat sein Opa hier einige Scheite abgelegt. Und er hat Glück: Fast die gesamte Rückwand hoch stapeln sich passende Holzscheite. ‚Prima! Dann habe ich ja alles vorbereitet.“, freut sich Mika. Er verabschiedet sich von Frau Winkelmann, die ihm schnell noch zwei saftige Erdbeeren in den Mund steckt, und schwingt sich auf sein Rad. Vorbei an Sportplatz und Wasserberg saust er zwischen den Friedhöfen hindurch wieder nach Hause. Dort erzählt er seinem Opa, der gerade im Garten ist, dass er alles vorbereitet habe. „Dürfen wir ein paar Holzscheite nehmen, die du hinter dem Schuppen lagerst, Opa?“, fragt Mika. „Ja, selbstverständlich! Dafür ist das Holz ja da.“, antwortet sein Opa. Doch Mika hat noch eine Frage: „Opa, warum hast du eigentlich Frau Winkelmann gebeten, auf uns aufzupassen? Wir sind doch schon groß!“ – „Ja, natürlich seid ihr schon ganz schön groß, trotzdem dürfen Kinder in eurem Alter noch kein offenes Feuer alleine machen. Das ist nicht nur jetzt bei dem trockenen Wetter zu gefährlich, Mika! Darum habe ich Frau Winkelmann angerufen und sie gebeten, ein Auge auf euch zu werfen. Ihr mögt sie doch eigentlich, oder?“, erklärt ihm sein Opa. „Doch, Frau Winkelmann ist cool! Sie erzählt uns morgen sogar eine Geschichte von früher!“, zeigt sich Mika einsichtig.
Nach dieser kurzen Diskussion geht Mika ins Haus. Dort kramt er sein Taschenmesser aus der Schreibtischschublade hervor. Er geht in den Werkzeugkeller seines Opas und nimmt sich den Schleifstein. Bald ist sein Messer richtig scharf, fast so scharf wie eine Rasierklinge. Dann packt er seinen Rucksack. In seinem Zimmer spielt er anschließend noch ein wenig am Computer.
Nach dem Abendessen geht Mika zeitig ins Bett. Er liest noch ein paar Seiten, dann löscht er das Licht. Schließlich muss er am Morgen früh raus. Er hat seinen Wecker auf fünf Uhr gestellt. Mika schläft schnell ein.
Am Morgen steht er leise auf, geht ins Bad und wäscht sich kurz, zieht sich an und dann läuft er noch schnell ins Milchgeschäft Lange und kauft für sich und seine Eltern Brötchen. ‚Die werden sich freuen!’, ist er sich sicher.
Nach dem Frühstück kontrolliert er noch einmal den Rucksack: Bindfaden, Fernglas, Lupe, Taschenmesser, Vogelbuch, Handy, Pflaster, Rolle Klopapier, Kompass, Handschuhe. Alles drin! Zur Sicherheit stopft er noch eine dünne Regenjacke dazu, obwohl das Wetter alles andere als Regen verkündet. Es ist strahlend blauer Himmel. Die Sonne ist schon aufgegangen, als Mika nach draußen vor das Haus geht und sich auf die Treppe setzt. Es ist jetzt Viertel vor sechs. Da taucht auch schon Malte hinter ihm auf. Er ist von oben durch den Garten gekommen. „Moin, moin!“, begrüßen sich beide. „Bist du über den Zaun gestiegen, Malte?“ – „Ja, klar! Ist doch kürzer da lang!“ Jetzt fehlt nur noch Nils, doch auch der ist schon zu sehen. Keuchend kommt er den Langenberg mit seinem Rad hochgefahren. „Moin, Nils!“ – „Moin, Malte, moin Mika!“ – „Stell dein Rad hinten bei uns auf den Hof! Du kennst dich ja aus.“, fordert Mika Nils auf. Schnell schauen sich die Jungs noch einmal gegenseitig in ihre Rucksäcke. Zufrieden stellen sie fest: „Alles drin!“
Dann kann es ja losgehen. Beladen mit ihren Rucksäcken und einer ganzen Menge Vorfreude auf den bevorstehenden Tag gehen die drei Freunde den Berg weiter hinauf. An der Friedhofskapelle teilt sich der Weg. Nils möchte zuerst sehr gerne in die Wolfsschlucht gehen. Mika und Malte haben nichts dagegen, also nehmen sie den Weg zwischen den beiden Friedhofshälften hindurch. „Ich bin gerne in der Wolfsschlucht“, sagt Nils, „da kann man rechts und links so schön die Abhänge runterkugeln! Das habe ich neulich mit meinen Brüdern gemacht. Wir waren mit Mama und Papa im ‚Rübezahl’ zum Essen und danach sind wir in die Wolfsschlucht gegangen.“
Vorbei am Sportplatz, dem Schützenplatz und dem Schießstand erreichen die Jungs bald den „Eingang“ zur Wolfsschlucht. Er befindet sich oben an der Elbuferstraße schräg gegenüber der neuen Jugendherberge. Es ist ein kleiner Weg, der langsam abfällt, rechts und links werden die meistens mit Buchen bestandenen Wälle immer höher. Mika und Malte fällt auf, dass Nils immer unruhiger wird, kaum dass sie die Wolfsschlucht erreicht haben. Sie wissen nicht warum, fragen aber auch nicht nach. Nach der ersten größeren Biegung nach rechts, sie sind jetzt etwa 200 Meter in der Wolfsschlucht, stoppt Nils seine Freunde plötzlich: „Pst! Seid mal still! Da ist was! Da vorne, da oben!“ Er zeigt in die Richtung. Mika und Malte sind total still. „Da, hört mal! Da trapst doch was. Und da! Schaut! Da ist etwas, ein Tier!“ Der Warnruf eines Eichelhähers[1] („Rätsch“) tönt durch den Wald. Nils ist ganz aufgeregt. „Bleibt ihr mal hier! Ich schleich mich mal ran!“, bittet er die beiden. Die sind so verdattert, dass sie gar nichts sagen können. Malte und Mika haben außer dem Ruf des Eichelhähers zwar nichts gehört oder gar gesehen, aber wenn Nils etwas bemerkt haben will, dann wird da schon etwas sein. Da sind sich beide sicher, denn Nils ist ja bekanntlich der absolute Naturfreak überhaupt, der immer alles sieht und hört. Also lassen sie ihn alleine voran schleichen. Leise in geduckter Haltung bewegt sich Nils den Abhang hinauf. Seinen Rucksack und sein Cappy hat er bei Malte und Mika zurück gelassen. Die beiden sehen ihn nur noch ab und zu hinter den Bäumen auftauchen. Jetzt ist er gar nicht mehr zu sehen. Zu hören ist auch nichts. Ohne einen Mucks von sich zu geben, warten Mika und Malte ein paar Minuten. Da taucht Nils plötzlich rechts vor ihnen auf dem Weg wieder auf. Er hat einen hochroten Kopf und lacht freudig. Dabei ist er aber noch immer sehr leise. Erst bei den beiden anderen bricht es aus ihm heraus: „Da war ein Wolf! Das war ein Wolf, da oben! Ich glaube, ich habe ihn mit meinem Fotoapparat erwischt!“. Wie immer hat Nils seine Digitalkamera dabei. „Ja, hier! Oh, voll krass! Seht euch das an!“ Nils ist vor Stolz kaum zu bändigen. Und tatsächlich: Auf dem Foto, das er Malte und Mika zeigt, ist tatsächlich ein Wolf zu erkennen, der halb verdeckt hinter einem Baum zum Fotografen blickt. „Mann, ein Wolf hier! Das ist ja eine Sensation!“, ruft Malte.
Mika hingegen hält sich mit dem Jubeln doch merklich zurück, er verspürt eher etwas Angst in sich aufsteigen. „Wo ist der Wolf denn hin?“, möchte er von Nils wissen. „Der ist da oben weiter in Richtung Elbe gelaufen. Dann habe ich ihn aus den Augen verloren.“, beruhigt ihn Nils ein wenig. Die drei Jungs müssen sich jetzt erst einmal etwas von dieser Überraschung erholen. Dass die Wölfe aus dem Osten langsam zurück kommen und auch hier ihre Lebensräume finden, das war den Jungs bekannt. Das steht ja auch hin und wieder in der Zeitung. Und die Jungs lesen Zeitung, seit sie lesen können. Aber dass sie nun auch schon hier in Sonnfeld auftauchen, davon haben sie noch nichts gehört. Immer wieder starren sie ein wenig ungläubig auf den Schnappschuss von Nils. Nils war es auf dem Ausflug der Klasse vor ein paar Wochen in den Trollwald auch gelungen, einen Theaterplatz, eine Rutsche und eine Eingang zu einer Trollhöhle zu fotografieren. Diese Bilder sind sogar im Internet auf der Schulhomepage zu bewundern. Nach den Sommerferien wird nun wohl das Bild eines Wolfes aus der Wolfsschlucht hinzukommen. „Mensch, Nils! Ich bin völlig erledigt!“, bricht als erster Malte das Schweigen. „Wenn du das Foto nicht hättest, würde uns das doch keiner glauben! Unser Tag hat sich doch jetzt schon gelohnt! Wie gerne hätte ich den Wolf auch selbst gesehen!“ – „Ja, ich auch!“, sagt Mika. „Wollen wir nicht versuchen, ob wir den Wolf noch einmal erwischen? Lasst uns einfach hinter ihm her gehen!“, schlägt Nils vor. Mika und Malte sind zwar zunächst unschlüssig, schließlich sind sie aber doch einverstanden. „Vielleicht sehen wir ihn dann ja auch noch!“, hoffen beide.
Die drei Freunde machen sich also auf die Verfolgung des Wolfes. Das heißt, Nils gibt die Richtung vor. Er hat den Wolf schließlich gesehen und weiß, wohin er verschwunden ist. „Wir müssen immer hier oben weiter“, sagt er, „da ist er lang gelaufen.“ So leise wie möglich versuchen Mika, Malte und Nils dem Wolf zu folgen. Eine Fährte ist leider nicht zu entdecken. Sie müssen sich auf ihr Glück verlassen.
Als sie ihr Weg am Ende der Schlucht wieder abwärts in Richtung Elbwiesen führt, bekommt Mika wieder etwas Angst: „Lasst uns aufgeben! Hier unten könnte das Tier überall im hohen Gras versteckt sein. Und wenn er uns dann entdeckt …!“ – „Du hast wohl Angst, Mika!“, unterbricht ihn Nils. „Aber Angst müssen wir keine haben. Wölfe sind sehr scheu. Wölfe meiden den Menschen. Es ist eigentlich unmöglich, dass ich eben einen Wolf gesehen habe, denn er hatte mich bestimmt längst gewittert. Er hat nämlich einen super guten Geruchssinn. Unser Wolf hat sich sicher längst verkrümelt! Und durchs hohe Gras läuft er vielleicht, weil er die Elbe durchschwimmen möchte!“ Ja, Nils kennt sich aus. „Was haltet ihr davon, wenn wir hier erstmal eine kleine Pause einlegen und uns da hinten einen Weidenstock abschneiden und dann eine Weidenflöte daraus bauen? Ole hat mir mal gezeigt, wie das geht.“, mischt sich Malte ein. Dieser Vorschlag findet die Zustimmung von Mika und Nils. Sie suchen sich einen geeigneten Platz und legen dort ihre Rucksäcke ab. Am blauen Himmel entdecken sie ein paar kreisende Mäusebussarde. Dann gehen sie weiter bis an das Ufer der Elbe. Hasen hoppeln davon. Hier in den Buhnenfeldern stehen viele Weidenbüsche. Malte sagt den beiden anderen noch, dass sie einen möglichst geraden, Trieb ohne weitere Seitentriebe aussuchen sollen. Der Stock sollte etwa zwölf Zentimeter lang und etwas dicker als ein Daumen sein. Schon nach ein paar Minuten hat jeder einen geeigneten Stock abgeschnitten. Die Jungs haben gestern extra ihre Taschenmesser geschärft.
Zurück am Platz bei den Rucksäcken erklärt Malte: „Zuerst müssen wir die beiden Enden sauber begradigen. Dann machen wir einen sauberen Schnitt einmal um das Stöckchen herum! Etwa hier!“ Er zeigt mit den Fingern eine Länge von etwa zwei bis drei Zentimetern. „Jetzt wird’s schwierig: Mit dem Messergriff wird vorsichtig auf die Rinde geklopft, die darf auf keinen Fall einreißen! Wenn das passiert, müsst ihr euch ein neues Stück holen!“ Diese Arbeit geht den Jungs nicht so leicht von der Hand. Sie erfordert ihre ganze Geduld. Immer wieder rennt einer los und holt sich einen neuen Weidentrieb. Durch vorsichtiges Drehen wird die Rinde vom Holz gelöst, zuerst das lange Ende. Als alle drei es endlich geschafft haben, erklärt Malte weiter: „Jetzt muss die Kerbe für das Luftloch hier rein. Ich zeig es euch! Seht!“ Das ist nicht so schwer. Anschließend drehen die Jungs auch hier die Rinde vorsichtig ab. Lose war sie ja schon. „Das kurze Stück wird das Mundstück. Hier müssen wir jetzt der Länge nach ein sehr dünnes Stück abtrennen. So!“ Wieder zeigt Malte, wie es geht. Geduldig befolgen Mika und Nils Maltes Erklärungen. Sie sind eifrig bei der Sache, weil sie jetzt auch keine Fehler mehr machen wollen. „Nun haben wir es gleich!“, spornt Malte seine Freunde an. „Dieses Stück schiebe ich jetzt wieder in die Rindenhülse. Vorsichtig, mit dem flachen Stück oben beim Luftloch. Pustet mal rein! Bei mir kommt schon ein Ton.“, freut er sich. Auch bei Mika und Nils ist etwas zu hören. „Wenn ihr nun das lange abgeschälte Stück am anderen Ende hinein schiebt, könnt ihr weitere Töne machen!“ Fröhlich erzeugen die drei ein munteres „Gepiepe“. Es klingt grausam schön![2]
Ein Blick auf seine Uhr sagt Mika, dass die drei sich jetzt aber auf den Weg zum Garten seines Opas machen müssen. Sie sind immerhin schon gut vier Stunden unterwegs. „Ich hatte euch doch etwas versprochen! Was haltet ihr davon, dass wir jetzt in die Klötze zum Garten meines Opas marschieren. Dort gibt es dann die Überraschung!“ – „Oh ja!“, antwortet Nils. „Ich hatte dein Versprechen schon gar nicht mehr im Kopf!“, erklärt Malte.
So machen sich die Jungs auf den Weg. Dabei müssen sie wieder ein Stückchen die Wolfsschlucht hinauf, ehe sie nach links abbiegen. Vorbei am Campingplatz des „Klötzehofs“ und dem Aussichtsturm kommen sie dann nach einer guten halben Stunde Fußweg zu den Gärten direkt hinter dem Sportplatz von SC „Hertha“ Sonnfeld, Mikas und Maltes Fußballverein. Zwischendurch bleiben sie oft stehen und schauen mit ihren Ferngläsern in die Weite der Elblandschaft und suchen nach den Dingen, die Nils mal wieder entdeckt hat. Meistens sind es Vögel.
„So, wir sind da!“, sagt Malte, der ja weiß, wo der Obstgarten von Opa Gerhard ist. „Hallo Jungs!“, tönt es von nebenan kaum haben die drei den Garten betreten. Freudig begrüßt Frau Winkelmann die Ankömmlinge. Nils und Malte sind etwas verwundert, obwohl Malte Frau Winkelmann natürlich kennt. „War euer Ausflug denn schön bis jetzt?“, möchte die Gartennachbarin gerne wissen. „Ja, ja! Das war total krass! Wir haben einen Wolf gesehen. Nils hat ihn sogar fotografiert! Hier, schauen sie!“, berichtet Mika. „Nee, das glaube ich euch jetzt aber nicht!“, widerspricht Frau Winkelmann. Nils wird etwas verlegen, kramt aber doch seine Kamera aus seinem Rucksack hervor und zeigt Frau Winkelmann zum Beweis das Foto. „Tatsächlich! Das ist ein Wolf! Das ist ja unglaublich! Das müsst ihr mir aber gleich alles genau erzählen!“, bittet sie die Jungs. „Klar doch, machen wir!“, verspricht Mika. „Aber zuerst muss ich meinen Freunden noch verraten, was wir hier eigentlich wollen. Das wissen die nämlich noch gar nicht, das sollte ja eine Überraschung sein! Ich sage aber immer noch nichts! Kommt mal mit, dann werdet ihr es selbst herausfinden!“, fordert Mika Nils und Malte auf. Sie gehen zum Schuppen. Mika nimmt den Schlüssel aus dem Astloch und öffnet die Tür. „Hier, trag’ du mal bitte das Dreibein, und du den Topf mit den Tüten hier! Ich nehme das Holz mit.“, spannt Mika die Jungs ein. „Aha!“, dämmert es Nils, „Wir wollen ein Feuer machen und etwas kochen! Richtig, Mika?“ – „Ja, du hast es erfasst! Es gibt aber nur Tütensuppe mit Reis und Nudeln.“ Malte und Mika strahlen. Sie freuen sich. Zusammen bereiten sie zuerst den Feuerplatz vor. Mika holt einen Eimer Wasser von Frau Winkelmanns Wasserhahn. Den stellt er für alle Fälle in die Nähe der Feuerstelle. Dann muss noch der Topf mit Wasser gefüllt werden. In ihm soll dann zuerst der Reis gekocht werden. Malte und Nils haben das Feuerloch perfekt mit Holz befüllt, sogar einen kleinen Spalt für einen Schnipsel Zeitungspapier haben sie ausgespart. Mika holt noch zwei große Holzscheite und legt diese neben das Feuerloch. Das Dreibein wird aufgestellt, der Topf mit Wasser daran befestigt und über das Feuerloch gehängt. Jetzt zündet Mika das Papier an, das zwischen den dünnen Holzreisern steckt. Sofort steigt weißer Qualm auf und das Holz fängt Feuer. Einen Augenblick später legt Mika ein großes Holzstück nach. „Einer muss jetzt aber immer hier bleiben und aufpassen!“, ermahnt er Malte und Nils. „Zwei von uns holen noch den Reis und die Nudeln aus dem Schuppen und zwei weitere Holzscheite, die liegen hinter dem Schuppen!“, erklärt Mika. Nils und Malte stapfen los. „Oh, bei euch brennt’s ja schon schön!“, bemerkt Frau Winkelmann. „Ruft mich, wenn das Wasser kocht! Ich komme dann rüber und ihr könnt mir die Geschichte mit dem Wolf erzählen!“ Nils kramt seine Weidenflöte aus seinem Rucksack und versucht ein lustiges Lied zu flöten. Neugierig fragt die Gartennachbarin, was das sei. Und Nils zeigt ihr stolz seine erste selbstgebastelte Weidenflöte. „Toll!“, lobt diese.
Mika fällt jetzt ein, dass ja eigentlich Frau Winkelmann noch eine Geschichte erzählen wollte, vom Feuer. ‚Ob denn dafür wohl noch Zeit bleibt?’, fragt er sich. Sicherheitshalber geht er schnell einmal zu ihr und fragt nach. Frau Winkelmann möchte natürlich zuerst die Geschichte vom Wolf hören, sie verspricht, dass sie ihre Geschichte auch erzählt. Vielleicht kürzt sie diese dann einfach etwas. Beruhigt wendet sich Mika wieder dem Feuer zu. Jetzt fällt ihm ein, dass im Schuppen ja noch größere Baumstümpfe als Sitzgelegenheiten stehen. Er bittet Nils und Malte vier Stück davon zu holen. „Mika kommandiert uns ganz schön rum!“, sagt Malte zu Nils, „aber das macht mir nix aus! Er hat ja schließlich auch alles vorbereitet!“
Langsam fängt das Wasser an zu sieden, zuerst steigen kleine Bläschen auf, dann größere Blasen. „Frau Winkelmann! Unser Wasser kocht.“, ruft Mika. „Prima, dann legt man die beiden Kochbeutel Reis hinein. Der Reis braucht ’ne viertel Stunde!“, antwortet Frau Winkelmann, die weiter ihre Beete bearbeitet.
Immer wieder lassen sich Malte und Mika das Foto mit dem Wolf auf Nils’ Kamera zeigen. Aber auch die Bilder, die Nils beim Schnitzen der Weidenflöten gemacht hat, sind gut gelungen. „Schön, dass man auf den Bildern nicht hört, wie unsere ersten Flötentöne geklungen haben!“, meint Mika schmunzelnd.
Der Reis ist fertig. Mit einem dünnen Holzstäbchen fingert Mika nacheinander die beiden Beutel aus dem Topf. „Mist! Wo soll ich den Reis denn jetzt lassen?“, ärgert er sich, weil er vergessen hat, für den Reis und die Nudeln Töpfe mitzunehmen. „Jetzt können wir die Nudeln auch vergessen! Den Reis kann ich in den Beuteln lassen, aber die Nudeln kann ich nirgends hinein tun, wenn sie gekocht sind.“ Malte schlägt vor, die Nudeln einfach wegzulassen. Also holt Mika neues Wasser von Frau Winkelmanns Wasserhahn. Er braucht genau zwei Liter. Zu Hause hat er den Topf von außen schon entsprechend markiert. Nils hängt den Topf dann wieder über das Feuer und legt ein dickes Holzscheit nach.
Jetzt kommt auch Frau Winkelmann zu den Jungs und setzt sich auf einen Baumstumpf. Sie hat schon Teller und Besteck mitgebracht. „Das macht doch nichts, dass es nun keine Nudeln dazu gibt, der Reis reicht doch. Es sind ja sogar kleine Nudeln in der Suppe drin!“, beruhigt sie Mika. Doch der ist auch schon gar nicht mehr sauer.
In das kochende Wasser kippt Mika jetzt den Inhalt der beiden Suppentüten, rührt kräftig um, schaut auf seine Armbanduhr und sagt: „In acht Minuten ist die Suppe fertig! Hol’ doch bitte mal einer die Teller und die Löffel aus dem Schuppen. Das Zeug liegt rechts hinten in einer Tüte!“ Malte springt auf und holt die Sachen. Ja, Mika hält seine Freunde wirklich ganz schön auf Trab!
„Nun bin ich aber auch sehr neugierig, was ihr mir da über eure Begegnung mit dem Wolf zu erzählen habt.“, gibt Frau Winkelmann zu. Nachdem Mika zuerst etwas Reis auf den Tellern verteilt hat, schöpft er mit einer Kelle die Suppe aus dem Topf und füllt diese auch auf die Teller. Viel Suppe passt nicht mehr drauf. „Lasst es euch gut schmecken!“, wünscht er allen.
Und Nils beginnt mit seiner Erzählung. Haarklein schildert er wie das war: „Das war auf dem Weg in die Wolfsschlucht, gleich hinter der ersten Kurve. Zuerst habe ich ja nur ein Geräusch gehört. An ein Tier habe ich geglaubt, vielleicht ein Reh oder so. Ich habe also meine Kamera genommen und bin leise in Richtung des Geräusches den linken Abhang hoch geschlichen. Und da habe ich ihn gesehen, so fünfzig Meter vor mir. Zuerst dachte ich, das sei ein Hund. Er trottete von mir weg. Dann blieb er plötzlich stehen, drehte sich zu mir um. Vermutlich hat er Witterung von mir aufgenommen. Ich wurde richtig aufgeregt und bekam Herzklopfen. Dann war der Wolf auf einmal nicht mehr zu sehen. Einen Augenblick später tauchte er hinter einem Baum wieder auf. Dann habe ich schnell die Kamera genommen und abgedrückt. Schon Sekunden später war der Wolf wieder weg, nicht mehr da. Er lief wohl weiter oben am Abhang Richtung Elbe. Ich bin dann schnell zurück zu Mika und Malte und habe ihnen alles erzählt.“ – „Das ist ja wirklich unglaublich“, erwidert Frau Winkelmann, „wenn du das Foto nicht hättest, würde euch das niemand glauben! Zeig es mir doch auch noch mal, bitte!“ Staunend betrachtet Frau Winkelmann das Bild. Mika gibt auch vor seiner Gartennachbarin noch einmal zu, dass er richtig Angst hatte. Aber auch Frau Winkelmann beruhigt ihn: „Der Wolf ist ein sehr scheues Tier. Ich finde es schön, wenn er jetzt auch wieder zu uns zurück kommt in seine früheren Lebensräume. Viele Menschen sehen das nicht so, sie erzählen immer wieder Gruselgeschichten über den Wolf. Er soll Menschen anfallen, ganze Schafherden reißen und so etwas. Aber das stimmt doch gar nicht. Der Wolf ist ein Jäger, klar. Aber er holt sich immer nur die schwächsten Tiere, die nicht schnell genug fliehen können. Meistens sind das Wildtiere wie Rehe. Nutztiere tötet er nur sehr selten. Uns Menschen weicht er aus! Er tötet auch nicht auf Vorrat. Er gehört doch auch hier her! Die Wolfsschlucht hat ja nicht umsonst ihren Namen erhalten!“ Mit leuchtenden Augen lauscht besonders Nils den Worten von Frau Winkelmann. Er mag nämlich Wölfe sehr und so finden auch ihre Aussagen seine volle Zustimmung. „Ich habe schon viel über Wölfe gelesen. In den Zeitungen steht viel Mist, aber aus den Fachbüchern kann man erfahren, wie die Tiere wirklich sind.“, bestätigt Nils Frau Winkelmann, die jetzt noch einmal das Bild sehen möchte. „Mist!“, ruft Nils auf einmal. „Ich habe ganz vergessen von meiner Suppe zu essen. Jetzt ist sie kalt.“ – „Die schmeckt doch auch kalt, Nils!“, muntert ihn Frau Winkelmann auf. Alle nehmen noch einen Nachschlag.
Nach einer kurzen Pause, in der keiner etwas gesagt hat, fragt Mika, ob Frau Winkelmann denn nun noch ihre Geschichte erzählen möchte. „Wenn ihr wollt, erzähle ich sie gerne. Lasst uns vorher aber aufessen und hier alles aufräumen. Ich nehme an, dass du die Sachen heute nicht mitnehmen wirst, Mika!“ – „Ja, ja! Ich hole alles morgen wieder ab.“ – „Was denn für ’ne Geschichte?“, möchte Malte wissen. „Ich habe Mika versprochen, dass ich euch eine Geschichte beim Essen erzählen werde. Mika war ‚sauer’, dass sein Opa mich beauftragt hat, ein wenig auf euch aufzupassen, wenn ihr hier ein Feuer macht. Und was passt da besser als eine Geschichte, die auch vom Feuer handelt. Aber ich werde sie etwas kürzen. Ihr wollt doch heute Nachmittag hier nicht die ganze Zeit verplempern, oder? Ihr wollt doch noch los und etwas unternehmen!“, vermutet Frau Winkelmann richtig. Mika legt noch schnell zwei Holzscheite ins Feuerloch.
Als alles aufgeräumt ist, beginnt sie: „Als ich so elf oder zwölf Jahre alt war, habe ich häufig mit meinen Freundinnen unten an der Elbe auf ‚Techters Wiese’ gespielt, so wurde das Stück Land zwischen Fähranleger und Staumauer früher genannt. Dabei haben wir auch oft den größeren Jungs beim Angeln zugesehen. Einige von denen mochten wir nämlich sehr gerne, nur haben wir das nicht zugegeben. Die Jungs waren fast alle schon so um die sechzehn Jahre alt, viel zu alt für uns damals. Ein paar von ihnen haben schon geraucht und Blödsinn hatten alle im Kopf! Ihre Namen verrate ich euch nicht! Ihr kennt sie nämlich! Viele von ihnen! Sie sind inzwischen ja längst erwachsen!
An einem sehr sonnigen Tag in den großen Ferien waren wir wieder einmal dort unten. Ein paar Jungs angelten, andere schnitzten mit ihren Messern etwas aus den Weidenästen. Vielleicht auch so eine Weidenflöte wie ihr? Ich beobachtete, dass zwei von ihnen auf einmal Richtung Elbe verschwanden. Natürlich habe ich mir nichts dabei gedacht, weil das öfter mal vorkam. Die beiden kamen auch nach ein paar Minuten zurück und angelten weiter. Als ich dann aber weißen Rauch unten an der Elbe aufsteigen sah, habe ich sofort gewusst, was die dort gemacht haben: Sie haben geraucht und ihre Kippen nicht richtig ausgedrückt. Jetzt taten sie so, als hätten sie noch nichts von dem Feuer bemerkt. ‚Hey, ihr! Schaut mal da unten hin. Da brennt es!’, rief meine Freundin Beate ihnen zu. Die Jungs drehten sich um und bekamen einen fürchterlichen Schrecken. Sie wurden kreideweiß im Gesicht. Auch die anderen beiden bemerkten jetzt, was los war. Einer von ihnen rannte los und schrie: ‚Ich alarmiere die Feuerwehr!’ Das Feuer hatte sich auch schon weiter ausgebreitet. Ein Teil der Wiese stand schon in Flammen. Das Feuer konnte sich auch rasend schnell ausbreiten, denn das Gras war knochentrocken! Schon nach ein paar Minuten heulte die Feuersirene und bereits nach kurzer Zeit war die Feuerwehr auch schon angekommen. Sie fuhren mit ihrem Löschfahrzeug aber nicht direkt dort hin, wo es brannte, sondern etwa hundert Meter weiter nach rechts. Inzwischen hatten sich bereits einige Schaulustige an der Brücke zu ‚Techters Wiese’ eingefunden. Alle Zuseher wunderten sich darüber, was die Feuerwehrleute jetzt machten: Sie entzündeten ein Feuer! Ja, ihr hört richtig! Sie machten noch ein Feuer. Dann sahen alle auch bald den Sinn dieser Maßnahme. Das neue Feuer trieb auf das alte zu. Schon nach einer kurzen Zeit waren beide Feuer auf einer Linie und … erloschen schnell! Jetzt qualmte es nur noch. Fast die ganze Fläche von ‚Techters Wiese’ war schwarz verkohlt. Aber das Feuer war ‚gelöscht’ und das ohne einen Tropfen Wasser zu vergießen!
Die Feuerwehrleute warteten noch eine ganze Zeit ab, ob sich nicht doch noch irgendwo eine Flamme zeigt. Das passierte zum Glück nicht. Also fuhr die Feuerwehr bald wieder weg. Inzwischen war aber die Polizei eingetroffen. Die Wachtmeister Sandmann und Latzka befragten die Leute, ob sie etwas gesehen hätten. Zuletzt kamen sie auch zu uns und den Jungs …!“
„Und wie ging das aus? Haben die beiden Ärger bekommen?“, möchte Malte wissen. „Erzählen Sie bitte weiter, Frau Winkelmann!“, bittet Mika. „Nein, das möchte ich nicht! Fragt mich bitte nicht weiter aus, ich werde nichts mehr dazu sagen! Ich wollte euch mit dieser kleinen Geschichte auch nur über die großen Gefahren von Feuer aufmerksam machen. Jetzt wisst ihr hoffentlich, warum dein Opa, Mika, mich gebeten hat, ein wenig auf euch aufzupassen. Stellt euch mal vor, hier breitet sich ein Feuer aus! Das ist bei diesem Wetter doch sofort im Wald …!“ Das sehen Mika, Malte und Nils auch ein. Aber sehr gerne hätten sie auch gewusst, wie die Geschichte damals ausgegangen ist.
„Kommt mal mit!“, fordert Frau Winkelmann die Jungs plötzlich auf. „Ich habe noch etwas für euch in meinem Schuppen!“ Erwartungsvoll laufen die drei hinter Frau Winkelmann her. Die holt leckere Erdbeeren hervor und gibt jedem Jungen drei Stück davon. „Zum Nachtisch!“, sagt sie. „Danke!“, bedankt sich Nils für alle zusammen. „Ja, und auch für das Erzählen.“, sagt Mika. „Wir brechen jetzt auf. Es ist ja schon gleich drei Uhr! Tschüß! Bis morgen!“ Auch Frau Winkelmann wünscht den Jungs noch einen schönen Tag. „Wo wollt ihr den jetzt hin?“, fragt sie noch neugierig. „Wir gehen zum Steilufer gleich hier links oben am Ende des Weges. Mal sehen, ob wir ein paar Kletterbäume finden!“, sagt Malte. „Gute Idee!“, stimmen Mika und Nils ihm zu. „Und das Feuer? Es glimmt doch noch! Aber lasst man, ich lösche es nachher mit Wasser aus!“, verspricht Frau Winkelmann.
So schnappen sich die drei ihre Rucksäcke, setzen ihre Cappy auf, füllen noch schnell ihre Trinkflaschen mit frischem Wasser und machen sich auf den Weg. Die Sonne scheint immer noch, es ist ein sehr schöner Tag bisher. Schon nach wenigen Minuten erreichen sie den Weg der vom Weinberg bis zum nächsten Dorf an der Elbe führt – immer oben an dem Höhenzug entlang. Von hier hat man eine herrliche Aussicht über die Elbe bis weit ins Hinterland auf der anderen Elbseite. „Vielleicht haben wir ja Glück und wir sehen einen Seeadler!“, sagt Nils. „Das ist unser größter Vogel! Der wird fast einen Meter groß und hat eine Flügelspannweite von knapp zweieinhalb Metern![3] Das wäre schön, wenn wir den beobachten könnten!“
Bald hat Malte auch schon mehrere ideale Kletterbäume gefunden. Es sind Eichen, die regelmäßige Äste ausgebildet haben, sodass die Jungs gut hinaufklettern können. Schnell verstecken die Jungs ihre Rucksäcke etwas unterhalb der Bäume am Hang in hohem Gras. Jeder hat sein Fernglas umgehängt. So erklimmt jeder einen Baum bis zu einer Höhe, in der man bequem stehen kann. Nils’ und Maltes Baum bieten sogar einen fast idealen Sitzplatz in ausreichender Höhe. Mit dem Rücken an den Baumstamm gelehnt sitzen beide da und schauen durch ihre Ferngläser ins Land hinaus. Auch Mikas Baum ist prima: Ziemlich weit oben kann Mika sich fest hinstellen und an den Stamm lehnen, rechts und links bieten ihm dicke Äste Schutz vor dem Abstürzen. Immer wieder weist Nils die beiden anderen auf verschiedene Vögel hin. So können sie Mäusebussarde, einen Turmfalken, Rot- und Schwarzmilane, zwei Kolkraben und mehrere Störche sowie einige Graureiher beobachten. Immer wieder stoßen die Greifvögel ihre Rufe aus, besonders wenn ihnen ein paar Raben zu nahe kommen und sie umkreisen. Nils fragt seine Freunde: „Hab ich euch eigentlich schon einmal von meinem Erlebnis mit einem Turmfalken erzählt?“ Er muss laut rufen, damit Malte und Mika ihn verstehen können. „Nee!“, schreien beide zurück. Nils verspricht es später zu tun. Jetzt sehen sie ein paar Störche, die unten auf der Elbwiese herum staksen und Nahrung suchen. Die Graureiher stehen im Flachwasser der „Toten Jeetzel“ und lauern dort auf Beute. Ein Seeadler taucht nicht auf, dafür aber die Geschichte mit dem Wolf. Immer wieder geistert sie durch Mikas Kopf.
Plötzlich ruft Nils erneut: „Du, Mika, hast du eigentlich schon eine Freundin?“ Verwundert stottert Mika: „Warum?“ – „Mika ist in Agnese verliebt!“, ruft Malte dazwischen. „Und du in Jojo!“, meint Mika. „Und wie ist das bei dir, Nils?“, möchte jetzt natürlich auch Mika gerne wissen. „Ich finde Meike ganz toll! Aber ich habe mich noch nicht getraut, es ihr zu sagen!“, antwortet Nils ehrlich. „Agnese weiß auch noch nichts von ihrem Glück!“, erklärt Mika und Malte meint, dass zwischen ihm und Jojo alles klar sei: „Wir werden später einmal heiraten! Wir haben auch schon mal richtig geknutscht! Mika hat auch schon mal geknutscht, mit Merle!“ – „Na und! Da ist doch nix dabei!“, meint Mika. Er wird plötzlich ziemlich rot im Gesicht. Aber das bemerkt keiner seiner Freunde!
Plötzlich steigt Nils von seinem Baum. Verwundert fragt Mika: „Was ist denn jetzt mit dir los, Nils? Warum krabbelst du runter?“ – „Ich muss mal!“, antwortet Nils knapp. Er weiß, dass Mika eine Rolle Klopapier in seinem Rucksack hat. „Ich hol’ mir das Klopapier aus deinem Rucksack, okay?“, ruft er von unten herauf. „Yes“, antwortet Mika. „Was willst du denn mit dem Kompass und den Handschuhen hier? Hast du Angst, dich zu verlaufen oder dass es plötzlich kalt wird?“, scherzt Nils von unten als er Kompass und Handschuhe in Mikas Rucksack entdeckt.
Nach ein paar Minuten ruft Nils von unten: „Mika, Malte! Kommt mal runter! Ich hab’ hier etwas entdeckt!“ – „Was denn?“, ruft Malte von oben zurück. „Es ist gerade so schön bequem hier oben!“ – „Hier sind einige Waldohreulen im Baum, und Gewölle! Los runter! Schaut euch das an!“
Malte und Mika machen sich auf den Abstieg von ihrer Eiche. Sie werden schon von Nils erwartet. „Hier lang!“, lotst er sie zwischen ein paar Fichten hindurch zu einer freien Fläche. „Hier! Stellt euch mal hier hin und schaut in diese beiden Fichten da!“, deutet er mit dem Finger auf zwei Bäume in etwas fünf Meter Entfernung. „Seht ihr die Eulen? Es sind bestimmt fünf, sechs Stück. Sie schlafen dort tagsüber. Darum heißen diese Bäume auch ‚Schlafbäume’! Nachts fliegen sie dann bestimmt hier über die Wiesen oder über den Sportplatz da drüben hinter dem Zaun und fangen Mäuse!“, erklärt er weiter. „Ich hatte mich da unten zwischen die Fichten gehockt und dann sah ich auf einmal mehrere Flecken Vogelscheiße und ein paar Gewölle da liegen!“ – „Gewölbe? Was ist das?“, möchte Mika wissen. „Nee, nicht ‚Gewölbe’, sondern ‚Gewölle’! So nennt man das, was diese Eulen wieder auswürgen, wenn sie Mäuse gefressen haben. Haare und Knochen können sie nicht verdauen, also spucken sie das nach einiger Zeit wieder aus! Wir haben bei Frau Hund in der Natur-AG mal Gewölle untersucht. Man kann genau feststellen, was die Eule gefressen hat.“ – „Ist das nicht ekelig, Nils. Das stinkt doch bestimmt!“ – „Nö, das riecht kaum. Es ist nicht so wie Kotze beim Menschen. – Kommt mal mit, da liegen noch mehr Gewölle! Aber seid ganz leise!“, fordert er seine Freunde auf. „Nein, da hast du doch …!“ – „Nein, habe ich nicht! Ich bin woanders hingegangen, als ich die Eulen bemerkt habe!“, versichert Nils. Tatsächlich liegen da noch mehrere Gewölle herum. Sie werden natürlich zur weiteren Untersuchung eingesammelt. Ein genauer Blick nach oben ins Geäst der Fichten verrät, dass dort mindestens sieben Waldohreulen vor sich hin dösen. Manchmal blinzeln sie kurz mit einem Auge, aber sie fliegen nicht davon. „Mann, so dicht! Ich habe noch nie ’ne lebende Eule in freier Natur gesehen!“, freut sich Malte. „Ich auch nicht!“, pflichtet ihm Mika bei. „Bei uns in der großen Scheune brüten immer Schleiereulen!“, sagt Nils. Die Jungs bleiben noch eine ganze Weile regungslos dort stehen und beobachten die Vögel aus nächster Nähe. Nils macht auch hier ein paar Fotos.
„Lasst uns doch zu einer Bank gehen und dort können wir dann ein Gewölle mal unter die Lupe nehmen! Ich habe eine dabei. Was haltet ihr davon?“, unterbricht Mika die eingetretene Ruhe. Seine Freunde sind sofort einverstanden. Also machen sie sich auf den Weg zu einer Bank. Mika schlägt vor, zu „Tante-Lottes-Ruh“ zu gehen. „Das ist schräg gegenüber vom Hotel ‚Waldfrieden’. Die Stelle wurde so genannt, weil dort immer eine Frau mit dem Namen Lotte gerastet hat. Überall in Sonnfeld wurde sie aber nur ‚Tante Lotte’ gerufen. Dort gibt es auch mehrere Bänke.“, erklärt er.
Sie gehen hinter den Tennisplätzen vorbei an einem leerstehenden Haus, das seinen besonderen Reiz auf die Jungen ausübt. Oben aus seinem Schornstein schaut oft ein Waldkauz heraus. Zu gerne wüssten die drei, wie es in seinem Inneren aussieht. Aber das ist eine andere Geschichte. Heute ist das Käuzchen nicht zu sehen. Kurz hinter dem Haus erreichen sie den großen Parkplatz und gleich darauf finden sie ihren Platz auf „Tante-Lottes-Ruh“, alle drei Bänke sind frei.
Nils holt ein besonders großes Gewölle aus einer Tüte und legt es auf die Sitzfläche einer Bank. „Mist!“, ruft er, „Das geht nicht so gut. Wir brauchen eine helle Unterlage, damit wir alles besser sehen können! Die Knochen können wir dann auf die grüne Bank legen.“ Mika holt die Rolle Klopapier hervor und reißt ein paar Blatt ab. Damit wird es klappen. Auch seine Lupe legt Mika schon griffbereit zu Seite. Vorsichtig pult Nils das Gewölle auseinander. Er nimmt dazu sein Taschenmesser, eine Pinzette wäre jetzt besser geeignet. Aber weder an Maltes noch an Mikas Messer ist eine Pinzette mit dabei. Es muss auch so gehen. Und es klappt: Fein säuberlich liegen einige Mausknochen auf der Bank. „Hier, das ist ein Stück Unterkiefer. Das sieht man ohne Lupe! Und hier ist das zweite.“, erklärt Nils. Malte und Mika möchten trotzdem einmal durch die Lupe schauen, so sehen sie dann alles viel größer. Durch die Lupe sind die Zähne der Maus genau zu erkennen. Dann zeigt Nils seinen beiden Freunden noch, dass man auch ein Fernglas als Lupe benutzen kann. „Man muss es nur umdrehen und dann durchschauen. Wenn man es nahe genug an die Knochen ran hält, vergrößert das Fernglas wie eine Lupe!“ Das ganze Gewölle nehmen die Jungs aber nicht mehr auseinander. Das nehmen sie sich für zu Hause vor. Nils verspricht ihnen, dass er ihnen eine Liste mit Abbildungen von Mausknochen geben werde. „Wenn man Glück hat, kann man so die ganze Maus aus Knochen finden.“ Dann gibt er Mika und Malte noch die restlichen Gewölle. Nils findet ja bei sich in der Scheune immer welche. Auch von dem Auseinandernehmen des Gewölles macht Nils noch ein paar Fotos. Natürlich zeigt er seinen Freunden auch noch einmal das Wolf-Foto, Mika und Malte können es gar nicht oft genug bestaunen. Dabei druckst er herum. „Nils, was ist mit dir?“, möchte Malte wissen! „Ich … äh … ach … na ja. Ich muss euch was sagen. Mika hatte uns doch eine Überraschung für heute versprochen und da dachte ich mir, ich bringe euch auch eine mit. Zu Hause habe ich überlegt und überlegt. Dann hatte ich plötzlich die Idee mit dem Wolf. Aus dem Internet habe ich mir ein passendes Foto auf die Speicherkarte meiner Kamera kopiert …“ – „Oh, du hast gar keinen Wolf gesehen! Du hast uns angeschmiert! Aha, jetzt kapiere ich. Darum wolltest du auch unbedingt zuerst in die Wolfsschlucht, das Foto musste ja das erste auf deiner Kamera sein!“ Mika und Malte reden Durcheinander. „Ja, und nun habe ich Bauchschmerzen hauptsächlich wegen Frau Winkelmann. Die glaubt das doch jetzt natürlich und erzählt das vielleicht weiter, oder“ – „Da kannst du aber ganz sicher sein, Nils, dass die das glaubt. So wie du das auch erzählt hast!“, erklärt Mika. Aber beruhige dich! Wenn ich morgen früh die Sachen aus dem Garten hole, werde ich ihr deinen Scherz erklären. Sie wird es verstehen!“ – „Oh, das ist super von dir, Mika! Danke! Hoffentlich hat sie es nicht schon anderen Leuten erzählt!“, ist Nils immer noch ein wenig beunruhigt. „Schade! Schade, dass da nicht wirklich ein Wolf war!“, sagt Malte. „Das ist doch sehr, sehr schade!“
Ein Blick auf die Uhr sagt, dass es Zeit wird, einen schönen Ausflug zu beenden: Es ist nämlich schon Viertel vor sechs. Nils wollte um halb sieben wieder zu Hause in Saarau sein. Da muss er sich sehr sputen. Zur Sicherheit holt er sein Handy aus seinem Rucksack und ruft schnell zu Hause an: „Ja, hier ist Nils! Es kann passieren, dass ich einen Augenblick später komme. – Ja, ja, alles in Ordnung, macht euch keine Sorgen! Bis gleich! Tschüß!“
Um kurz nach sechs sind die drei wieder bei Mikas Zuhause. Nils holt schnell sein Rad vom Hof, setzt seinen Helm auf, verabschiedet sich und düst los. „Es war total krass heute! Und die Geschichte vom Turmfalken erzähle ich euch morgen!“, schreit er im Wegfahren. Das hören Malte und Mika schon nicht mehr. Beide gehen auf die Terrasse und setzen sich dort auf die Mauer. Sie erzählen sich noch einmal ihre Erlebnisse des Tages. Am meisten beeindruckt hat sie Nils’ Begegnung mit dem Wolf … „Schade!“, sagt Malte noch einmal leise. Ihre anderen Pläne wie „Fuchsbauten untersuchen“, „Wildkatzenverstecke finden“, „Höhle bauen“ und „Trolle beobachten“ verschieben sie auf einen weiteren Tag mit Nils.
Für den nächsten Tag verabreden sie sich wieder: Sie wollen ins Freibad gehen. Mika wird Nils noch anrufen und fragen, ob er auch kommt.
[1] Der Eichelhäher wird auch als „Polizist des Waldes“ bezeichnet, weil er mit seinem Ruf andere Tiere warnt. Außerdem ist er ein sehr guter Imitator anderer Vogelstimmen.
[2] Eine gute Weidenflöte lässt sich am besten aus frischem Weidenholz schnitzen. Das erhältst du im Mai. Du darfst auch anderes Holz benutzen: z. B. Ahorn, Eberesche. Tipp: Wenn du eine Flöte gebastelt hast, wickle sie in ein feuchtes Tuch, dann hält sie länger! Eine genaue Bastelanleitung findest du auf Mikas Homepage: mika-und-co.de.
[3] Ein Seeadler wird bis zu 92cm groß und erreicht eine Flügelspannweite von maximal 244cm.